Überarbeiteter Blogtext vom 18.12.2020
Krämpfe in den Beinen: Was können die Ursachen sein?
Während die Beinschmerzen bei einer pAVK durch eine mangelnde Durchblutung entstehen, bei der es genau genommen nicht zu einer tatsächlichen Verkrampfung der Muskeln kommt, haben echte Beinkrämpfe verschiedene Ursachen. Welche sind das?
Bei einem Krampf zieht sich der Muskel plötzlich und unwillkürlich zusammen, was sogar im Schlaf vorkommen kann. Diese Anspannung hält nur kurze Zeit an, ist jedoch meistens mit Schmerzen verbunden. Der Muskel lässt sich in der Regel durch Dehnung aus der Verkrampfung befreien. Zum Krampf kommt es entweder, weil der Muskel nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist oder weil die Steuerung versagt, die durch Gehirn und Nerven erfolgt.
Die Ursachen von Nährstoffmangel oder von Störungen des Nervensystems können verschiedene Erkrankungen beziehungsweise die Einnahme bestimmter Medikamente sein. Oftmals sind Krämpfe in den Beinen allerdings harmlos, etwa die verbreiteten nächtlichen Wadenkrämpfe oder Muskelkrämpfe in Verbindung mit sportlicher Betätigung. Sportler wirken dem üblicherweise entgegen, indem sie Dehnungsübungen in das Training integrieren. Übrigens kann auch langes Sitzen Muskelkrämpfe auslösen.
Eindeutigen Krankheitswert haben hingegen länger anhaltende Muskelverkrampfungen. Sie werden als Dystonien bezeichnet und kommen zum Beispiel im Zusammenhang mit Multipler Sklerose oder einem Schlaganfall vor sowie als Nebenwirkung von Medikamenten gegen Psychose.
Welche Krankheiten können mit Krämpfen in den Beinen verbunden sein?
Störungen des Stoffwechsels und des Wasserhaushalts sind häufige Ursachen von Beinkrämpfen, etwa weil in der Folge ein Mangel an wichtigen Mineralstoffen, wie Kalium, Magnesium oder Kalzium herrscht. Das kann neben einer länger andauernden Mangelernährung auch durch Austrocknen des Körpers passieren, wenn beispielsweise der Flüssigkeitsverlust durch starkes Schwitzen nicht durch vermehrtes Trinken ausgeglichen wird.
Auch können eine Schilddrüsenunterfunktion oder andere hormonelle Störungen den Salz- und Wasserhaushalt beeinflussen, ebenso ein starker Alkoholkonsum. Bei einer Dialyse wird dem Körper in kurzer Zeit viel Wasser entzogen, sodass die Patienten danach zu Muskelkrämpfen neigen.
Selbstverständlich kommen Krämpfe auch bei Erkrankungen vor, die den Muskel direkt betreffen, den sogenannten Myopathien. Knie- und Fußgelenkfehlstellungen führen zu Fehlbelastungen und können somit ebenfalls Beinkrämpfe auslösen.
Da die Aktivität der Beinmuskeln durch das Gehirn und die von dort über das Rückenmark in die Körperperipherie ziehenden Nerven gesteuert wird, kommen verschiedene Erkrankungen des Nervensystems als Ursache für Beinkrämpfe infrage. Beispiele sind Polyneuropathien, Bandscheibenvorfälle oder eine amyotrophe Lateralsklerose (ALS).
Welche Medikamente können für Krämpfe in den Beinen verantwortlich sein?
Zu den Arzneimitteln, die Muskelkrämpfe begünstigen, gehören auch einige häufig verschriebene Substanzen. So können bestimmte Blutdrucksenker (Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker, manche Betablocker) das Risiko erhöhen, ebenso Entwässerungsmittel (Diuretika). Aber auch Asthmamedikamente und die Antibabypille fördern Muskelkrämpfe. Daneben sind Stimulanzien, wie Koffein, Nikotin, Kokain und Amphetamine, krampfauslösend.
Nicht nur die Einnahme, auch das Absetzen bestimmter Substanzen kann im Zusammenhang mit Muskelkrämpfen stehen. Solche Medikamente sollten daher nicht abrupt beendet werden, sondern die Dosis am besten langsam und schrittweise reduziert werden. Das gilt vor allem für viele Schlaf- und Beruhigungsmittel.
Hören Alkoholabhängige plötzlich mit dem Trinken auf, steigt ebenfalls das Risiko für Muskelkrämpfe. Zudem können weitere, teils lebensbedrohliche Zustände resultieren, weshalb eine qualifizierte Entzugsbehandlung in einer Klinik dringend anzuraten ist.
Vorsicht bei Wadenkrämpfen – sie können auf periphäre arterielle Verschlusskrankheit hinweisen
Sportler kennen sie gut – starke Muskelschmerzen in Form von Wadenkrämpfen oder Schmerzen in den Oberschenkeln bzw. der Gesäßregion. Treten die typischen Krämpfe bei einer längeren Gehstrecke oder beim Treppensteigen wiederholt auf, können sie ein Hinweis auf eine periphere arterielle Verschluss-Krankheit (pAVK) sein. Als Schaufensterkrankheit wird diese arterielle Erkrankung im Volksmund bezeichnet. „Nicht immer hängt ein Muskelkrampf mit einem Magnesium Mangel zusammen“, weiß Chefarzt Dr. med. Ahmed Koshty, der im Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen die Gefäßchirurgie und das Aorten Zentrum leitet. Schmerzen dieser Art können vielmehr auf eine Verengung der Gefäße hindeuten, in deren Folge die Beine nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden.
Periphere arterielle Verschlusskrankheit zeigt charakteristische Schmerzverläufe
Insbesondere bei körperlicher Belastung kann es durch die pAVK zu einem Sauerstoffmangel in der Muskulatur kommen. Dieser fühlt sich zunächst an wie ein Muskelkrampf oder Muskelkater. Die Betroffenen sind zum Stehenbleiben gezwungen – als würden sie in Schaufenster schauen. Daher hat die Erkrankung ihren Namen. Charakteristisch für den Schmerz durch die pAVK ist ein Ausstrahlen von unten nach oben, also von der Wade in den Oberschenkel. Meist setzt der Schmerz nach einer längeren Gehstrecke ein und lässt nach, wenn der Betroffene stehen bleibt. Durch diesen typischen Schmerzverlauf lässt sich die arterielle periphere Verschluss Krankheit von anderen Schmerzsymptomatiken zum Beispiel durch Knie- oder Hüftgelenksschäden bzw. Bandscheibenproblemen unterscheiden.
pAVK in zertifizierten Zentren behandeln lassen
Zu den für eine pAVK besonders gefährdeten Personengruppen gehören Männer ab 60 Jahren, aktive oder Ex- Raucher, Diabetiker, Menschen mit Adipositas oder Hypertonie. Fühlen sich die Beine kalt oder pelzig an und bilden sich hartnäckige Wunden nach Bagatellverletzungen, können dies ebenfalls Hinweise auf die pAVK sein. Schätzungsweise acht Millionen Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Die Therapie zielt zunächst auf Bewegungstraining sowie Medikamente. Mit fortschreitendem Verlauf sollten sich Patienten an ein interdisziplinär aufgestelltes zertifiziertes Gefäßzentrum am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen wenden.