Besonders diastolischer Blutdruck steigert schon im normotensiven Bereich Risiko für Aortenaneurysma
Bereits seit längerem wurde vermutet, dass ein hoher Blutdruck das Risiko für ein Aortenaneurysma erhöht. Eine Metaanalyse(1) mit insgesamt 5,5 Millionen Teilnehmern hat das nun bestätigt. Bluthochdruck belastet einerseits die Gefäßwände und erhöht andererseits die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Arteriosklerose. Diese wiederum ist eine häufige Ursache für Aortenaneurysmen.
Doch was genau ist Bluthochdruck, welche Folgen hat er und wie wirkt er sich auf die Gefäßgesundheit und die Entstehung von Aneurysmen aus. Wir werfen einen detaillierten Blick auf den Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und Aneurysmen.
Was ist Bluthochdruck?
Unser Körper ist auf einen richtigen Blutdruck angewiesen, um die Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Unter Blutdruck verstehen Mediziner die Kraft, die das Blut auf die Wand der Blutgefäße, also Arterien und Venen, ausübt. Diese Kraft ist essentiell, um den Blutfluss aufrechtzuerhalten und die Zellen des Körpers mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Die Intensität dieser Kraft wird beeinflusst
- vom Druck, mit dem das Herz das Blut in den Körper pumpt und
- vom Durchmesser und der Elastizität der Gefäße.
Der Blutdruck wird in der Einheit „Millimeter Quecksilbersäule“ gemessen. Im Namen der Einheit tauch das chemische Symbol für Quecksilber Hg auf. Die Abkürzung lautet folglich mmHg.
Oberer und unterer Blutdruck-Wert und ihre Aussagekraft
Beim Blutdruckmessen werden zwei Werte angegeben, der obere und der untere Wert. Sie hängen mit der Anspannung und der Entspannung des Herzmuskels zusammen und werden medizinisch als systolischer und diastolischer Wert bezeichnet. Wenn sich der Herzmuskel maximal anspannt und das Blut in den Körper pumpt, wird dies als Systole bezeichnet. Der systolische Wert gibt folglich den Druck in den Gefäßen an, wenn sich der Herzmuskel anspannt.
Dagegen gibt der diastolische Wert den niedrigsten Druck unmittelbar vor der nächsten Herzkontraktion an, wenn der Herzmuskel entspannt ist und sich das Herz mit Blut gefüllt hat (Diastole). Die Elastizität und der Widerstand der Gefäße haben darauf einen entscheidenden Einfluss. Verengen sich die Blutgefäße, steigt der Blutdruck, weiten sie sich, sinkt er. Einen blutdruckregulierenden Einfluss haben zudem Hormone, die in den Nieren und den Nebennieren produziert werden. Sie bilden den Ansatzpunkt für blutdrucksenkende Medikamente. Auch das vegetative Nervensystem mit Sympathikus und Parasympathikus hat einen aktivierenden bzw. senkenden Einfluss auf den Blutdruck.
Normaler Blutdruck und Bluthochdruck
Für die Bewertung der Gesundheit ist der Blutdruck ein entscheidender Indikator. Beim Erwachsenen gilt ein Blutdruck von 120/80 mmHg als normal. Ab einem Wert von 140/90 mmHg spricht man von Bluthochdruck. Bei Anzeichen auf einen Bluthochdruck sollten mehrere Blutdruckmessungen an einem Tag – zu unterschiedlichen Zeitpunkten – durchgeführt werden. Bestenfalls sollte man dies an mehreren Tagen wiederholen. Falls hier mehrfach der Grenzwert überschritten wird, sollte eine Langzeitblutdruckmessung mit dem Arzt besprochen werden. Die Wahrscheinlichkeit für Organ- oder Gefäßschäden steigt mit der Länge und der Intensität des Bluthochdrucks.
Warum ist Bluthochdruck ein Problem?
Ab einem Alter ab 40 Jahren sollte der Blutdruck regelmäßig geprüft werden, weil die Gefäße mit wachsendem Lebensalter an Elastizität verlieren. Rauchen, Bewegungsmangel und Stress, außerdem ungesunde Ernährung mit zu viel Salz und zu viel Alkohol zum Beispiel, wirken sich negativ auf den Blutdruck aus.
Für den Körper insgesamt, für die Organe und die Augen ist ein anhaltend hoher Blutdruck ein Problem. Mit Bluthochdruck steigen die Risiken für Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz. Bluthochdruck gilt als ein wesentlicher Faktor bei einem vorzeitigen Tod. Bluthochdruck macht sich nicht mit Schmerzen, sondern eher mit unspezifischen Symptomen bemerkbar. Dazu gehören Schlafstörungen, Herzklopfen, Schwindel, Kopfschmerzen oder eine verminderte Leistungsfähigkeit. Bluthochdruck kann zudem mit anderen Erkrankungen wie Schlafapnoe oder Nierenerkrankungen einhergehen. Mediziner sprechen dann von sekundärem Bluthochdruck.
So wirkt sich Bluthochdruck auf die Gefäßgesundheit aus
Durch einen dauerhaft zu hohen Blutdruck kann es zudem zu Auswirkungen auf die Blutgefäße kommen. Der erste Angriffspunkt bei erhöhtem Blutdruck sind die kleinen Blutgefäße, die sogenannten Arteriolen. Diese Gefäße spielen eine zentrale Rolle, da sie die großen Arterien mit den Kapillaren, den winzigen Blutgefäßen, die den Sauerstoffaustausch in den Organen ermöglichen, verbinden. Ihre Aufgabe ist es, die empfindlichen und dünnwandigen Kapillaren vor dem hohen Blutdruck zu schützen.
Wenn jedoch der Blutdruck in den großen Gefäßen, wie der Hauptschlagader (Aorta), steigt, müssen die Arteriolen diesen erhöhten Druck aushalten. Um dieser Belastung standzuhalten, verdickt sich die Muskelschicht in den Wänden der Arteriolen. Diese Verdickung führt dazu, dass sich der Durchmesser der Arteriolen verengt, was den Blutfluss weiter behindert und den Widerstand in den Gefäßen erhöht. Dieser gesteigerte Gefäßwiderstand wiederum trägt dazu bei, den Blutdruck noch weiter ansteigen zu lassen. Durch diese Verengung wird auch die Versorgung der Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen beeinträchtigt, da weniger Blut durch die Gefäße fließen kann. Insbesondere in Situationen, in denen der Körper eine erhöhte Durchblutung benötigt, ist die Anpassungsfähigkeit der Arteriolen stark eingeschränkt.
Können unkontrolliert hohe Blutdruckwerte lebensgefährliche Folgen haben?
Ja, ein unkontrollierter Bluthochdruck kann akute, lebensbedrohliche Komplikationen nach sich ziehen. Zu den schwerwiegenden Folgen gehören die sogenannte Aortendissektion und Hirnblutungen. Wenn der Bluthochdruck über längere Zeit unbehandelt bleibt, kann sich die Hauptschlagader (Aorta) allmählich ausdehnen. Diese Erweiterung, auch Aortenaneurysma genannt, verläuft meist ohne spürbare Symptome. Doch durch den stetig erhöhten Druck in der Gefäßwand nimmt die Spannung in der Aorta zu. Eine Aortendissektion tritt ein, wenn die innere Gefäßwand der Aorta reißt, sodass Blut in die Gefäßwand eindringen kann. Dies ist ein sehr schmerzhafter und dramatischer Vorfall, der häufig mit den Symptomen eines Herzinfarkts verwechselt wird. Ohne eine sofortige notfallmedizinische Behandlung, oft in Form einer Operation, kann eine Aortendissektion tödlich enden.
Studie bestätigt Zusammenhang zwischen Bluthochdruck und Aortenaneurysmen
„Durch schwere Arteriosklerose ändern sich der Blutfluss und die Kräfteverteilung in der Aorta, was die Gefäßwand lokal stark belasten und zu Aussackungen führen kann. Hoher Blutdruck erhöht die mechanische Belastung der Gefäßwand weiter. Es hat sich gezeigt, dass bereits im normotensiven – also im Normbereich – das Risiko für ein Aneurysma steigt, je höher der Blutdruck ist – bei Männern und Frauen gleichermaßen“, schildert Dr. med. Ahmed Koshty, Chefarzt am Aortenzentrum des Diakonie Klinikums Jung-Stilling in Siegen.
Hypertonie steigert Risiko für Aortenaneurysma um 66 Prozent
Die britische Metaanalyse kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass Patienten mit hohem Blutdruck ein um 66 Prozent erhöhtes Risiko haben, ein Aortenaneurysma zu entwickeln. Bei Frauen stellte sich der Zusammenhang zwischen hohem Blutdruck und Risiko eines Aortenaneurysmas nochmals deutlicher dar als bei Männern.
Diastolischer Blutdruck als wichtiger Risikofaktor bei Aortenaneurysma
Die Datenlage zeigte auch: Eine Erhöhung des systolischen Blutdrucks geht pro 20 mmHg mit einem um 14 Prozent erhöhten Risiko für ein Aneurysma der Aorta einher. Starker Bluthochdruck mit systolischen Werten um 200 mmHg erhöht das Risiko um etwa 60 bis 70 Prozent im Vergleich zu Menschen mit niedrigen systolischen Drücken um 100 mmHg. Ein noch stärkerer Zusammenhang zeigte sich beim diastolischen Blutdruck. Im Mittel um 28 Prozent pro 10 mmHg steigt das Risiko für ein Aortenaneurysma, noch stärker in den besonders hohen Bereichen. Bei Patienten mit sehr hohen diastolischen Drücken um 110 mmHg stellte sich ein Risikozuwachs von 500 Prozent dar im Vergleich zu Menschen mit diastolischen Werten um 70 mmHg.
Der Grund, warum ein hoher diastolischer Blutdruck das Risiko für ein Aortenaneurysma deutlich stärker steigert als hohe systolische Werte, ist noch unklar und Gegenstand weiterer Studien.
(1) Vgl. Kobeissi, E., Hibino, M., Pan, H. et al. (2019): Blood pressure, hypertension and the risk of abdominal aortic aneurysms: a systematic review and meta-analysis of cohort studies. European Journal of Epidemiology 34, S. 547–555.